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Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen (§ 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG)
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 – S-7279 / 14 / 10003 vom 28.07.2015
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 28. August 2014, V R 7/14, entschieden, dass Betriebsvorrichtungen keine Bauwerke im Sinne von § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG sind. In ein Bauwerk eingebaute Anlagen seien nur dann Bestandteil des Bauwerks, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Bauwerks von wesentlicher Bedeutung sind. Die Anlage müsse hierfür eine Funktion für das Bauwerk selbst haben. Im Übrigen komme eine Auslegung des Begriffs des Bauwerks entsprechend der Baubetriebe-Verordnung nicht in Betracht.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder ist das o. g. Urteil des BFH über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden.
Die vom BFH aufgestellte Schlussfolgerung, dass Betriebsvorrichtungen stets nicht zu den Bauwerken im Sinne des § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG gehören, ist nicht zutreffend. Insbesondere kommt es auf die vom BFH vorgenommene Auslegung des Begriffs des Bauwerks anhand des Bewertungsrechts unionsrechtlich nicht an.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und der bisherigen Rechtsprechung des BFH sind die Begriffe der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) eigenständige Begriffe des Unionsrechts, die in der gesamten Europäischen Union autonom und einheitlich auszulegen sind. Artikel 199 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL, auf dem § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG beruht, enthält den Begriff der Bauleistung. Dieser Begriff ist unionsrechtlich einheitlich und nicht nach nationalem Bewertungsrecht auszulegen.
Der Begriff der Bauleistung im Sinne von Artikel 199 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL ist dabei nicht nur auf Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück beschränkt, sondern weiter auszulegen. Denn die Angabe „im Zusammenhang mit Grundstücken“ bezieht sich nur auf die Angabe „Reparatur-, Reinigungs-, Wartungs-, Umbau- und Abbruchleistungen“. Bei Bauleistungen muss hingegen nicht zwingend ein Zusammenhang mit einem Grundstück gegeben sein.
Weiter kann es sich bei Leistungen an Betriebsvorrichtungen auch um Bauleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück handeln. Die Auslegung des Begriffs der Bauleistung ist dabei unter Berücksichtigung der Auslegung des Grundstücksbegriffs sowie des Begriffs der Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück, soweit deren Zweck in physischen Veränderungen an dem Grundstück besteht, anhand der unionsrechtlichen Vorgaben zu beurteilen (Artikel 13b und 31a der MwSt-Durchführungsverordnung 282/2011 – MwStVO – in der durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1042/2013 geänderten Fassung). Artikel 13b MwStVO definiert den Grundstücksbegriff für Zwecke der Anwendung der (gesamten) MwStSystRL als
a) einen bestimmten über- oder unterirdischen Teil der Erdoberfläche, an dem Eigentum und Besitz begründet werden kann;
b) jedes mit oder in dem Boden über oder unter dem Meeresspiegel befestigte Gebäude oder jedes derartige Bauwerk, das nicht leicht abgebaut oder bewegt werden kann;
c) jede Sache, die einen wesentlichen Bestandteil eines Gebäudes oder eines Bauwerks bildet, ohne die das Gebäude oder das Bauwerk unvollständig ist, wie zum Beispiel Türen, Fenster, Dächer, Treppenhäuser und Aufzüge;
d) Sachen, Ausstattungsgegenstände oder Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder einem Bauwerk installiert sind, und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu verändern.
Entsprechend Artikel 13b Buchst. d MwStVO gelten Betriebsvorrichtungen unionsrechtlich nur dann nicht als Grundstück, wenn sie nicht auf Dauer installiert sind oder bewegt werden können, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu verändern.
Im Übrigen würde die Anwendung des o. g. Urteils des BFH erhebliche, in der Praxis nicht handhabbare Probleme bei der dann erforderlichen Abgrenzung zwischen Bauwerk und Betriebsvorrichtung verursachen. So ist es für den leistenden Unternehmer nicht bzw. nur schwer zu erkennen, ob die von ihm eingebaute Anlage eigenständigen Zwecken dient und mithin als Betriebsvorrichtung zu beurteilen ist oder ob die Anlage (z. B. Klima-, Kälte- oder Belüftungsanlage) für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Bauwerks von wesentlicher Bedeutung ist. Nur in letzterem Fall könnte es nach dem BFH-Urteil zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers kommen.
Quelle: BMF, Datev e.G.